Vorfälligkeitsentschädigungen sparen oder gar zurückbekommen

1. Vorab

Nicht nur die Pandemie zwingt so machen Verbraucher oder Existenzgründer dazu, laufende Kredite vorzeitig abzulösen. Auch andere private Gründe, wie z.B. eine Scheidung oder ein Todesfall, können dazu führen, dass die mühsam erarbeitete Immobilie veräußert werden will oder ein Geschäft geschlossen und der aufgenommene Kredit vorzeitig zurückgezahlt werden muss. Verlangt die Bank dann eine Vorfälligkeitsentschädigung, kann sich die ohnehin schon angespannte Situation finanziell weiter zuspitzen. Die Beträge gehen schnell in fünfstellige Höhen - zusätzlich zu dem eigentlichen Darlehnsbetrag.

Doch einige betroffene Darlehnsnehmer können nach einem Urteil des OLG Frankfurt aus dem Jahr 2020 aufhorchen. Sogar bereits gezahlte Vorfälligkeitsentschädigungen können unter Umständen zurückverlangt werden.

 

2. Zum Problem

Beinhaltet ein Darlehensvertrag mit einem Verbraucher Regelungen zur Vorfälligkeitsentschädigung, müssen diese so formuliert sein, dass sie zureichende Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung beinhalten; § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Diese Regelung ist auch auf Existenzgründer anwendbar. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH müssen die Angaben also für den Normalverbraucher klar und verständlich sein.

 

3. Zum konkreten Fall

In dem hier behandelten Fall ging es um Vertragsklauseln, mit denen die Bank die einzelnen Berechnungsschritte beschrieben hatte. Konkret hieß es in den Verträgen zu einem der Schritte:

„In einem weiteren Schritt ermittelt die Bank, welchen Betrag sie zum vorgesehenen Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung anlegen muss, damit der Bank der vereinbarte Betrag zum vorgesehenen vertraglichen Fälligkeitstermin der jeweiligen ausstehenden Rate zur Verfügung stehen würde. Dabei differenziert die Bank wie folgt: Soweit Pfandbriefe […] vorhanden sind, legt die Bank […] die Zinssätze der […] Hypothekenpfandbriefe zugrunde.“

Nach Ansicht des Gerichts war jedenfalls dieser Berechnungsschritt nicht mit hinreichender Klarheit ausformuliert. Daher sah das Gericht diese Klausel als unzureichend und somit als unwirksam an. Konkret hat es dazu ausgeführt:

„Wenn es dort heißt, dass die Bank ermittelt, welchen Betrag sie zum vorgesehenen Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung anlegen muss […] und erläutert, dass '[die Bank] dabei differenziert [...] wie folgt', erwartet der Verbraucher eine Beschreibung dieser differenzierten Vorgehensweise. Eine solche Beschreibung enthält die Klausel jedoch nicht.“

(Urteil des OLG Frankfurt (Main) vom 01.07.2020; 17 U 810/19).

Ob noch weitere Klauseln des Darlehensvertrages unwirksam seien, hat das OLG Frankfurt in der Folge offengelassen. Über die von der Bank eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil entscheidet derzeit der BGH (dort anhängig unter dem Aktenzeichen XI ZR 320/20).

 

4. Folgerung

Eine Vielzahl von Darlehnsverträgen, insbesondere aus den Jahren vor 2018, dürfte nur unzureichende Angaben zur Höhe und Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung haben. Für betroffene Verbraucher oder Existenzgründer kann es sich also lohnen, ihren Darlehnsvertrag anwaltlich überprüfen zu lassen und die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung zu verweigern oder diese zurückzufordern. Diejenigen Gründer oder Start-Ups, denen die Pandemie einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, sollten geforderte Vorfälligkeitsentschädigung jedenfalls nicht stillschweigend hinnehmen.

 

 

Haben auch Sie Fragen im Zusammenhang mit Vorfälligkeitsentschädigungen oder Darlehnsverträgen im Allgemeinen? Wir beraten Sie gerne! Kontaktieren Sie uns einfach telefonisch über +49 351 44753 0, per E-Mail an central@schaffrathlaw.de, oder erkundigen Sie sich weiter auf unserer Website über uns www.schaffrathlaw.de.

 

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29. April 2021

Paul Wermann

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