Entschädigungsansprüche von Unternehmen in der Corona-Krise

Unternehmen, die aufgrund der Corona-Krise Umsatzeinbußen hatten oder gar schließen mussten, sollten innerhalb von drei Monaten bei den zuständigen Behörden Entschädigungen beantragen.

Derzeit sind viele Unternehmen wegen der Corona-Pandemie aufgrund von Allgemeinverfügungen oder Rechtsverordnungen geschlossen. Andere dürfen noch tätig sein, aber verzeichnen massive Verluste. Es stellt sich die Frage, wer für diese Schäden aufkommt und welche Unternehmen Entschädigung beanspruchen können.

 

Standpunkt der Behörden

Derzeit stellen sich die zuständigen Behörden auf den Standpunkt, dass nur solche Unternehmen, die aufgrund eines konkreten Ansteckungsfalls schließen mussten, eine Entschädigung erhalten können. Das entspricht der Entschädigungsregelung des § 56 Abs. 1, 4 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Entschädigung enthält nach dieser Norm jedes Unternehmen, dass aufgrund eines konkreten Ansteckungsfalls schließen musste.

Viele Unternehmen hatten jedoch gar keinen Ansteckungsfall, sondern mussten aufgrund der Allgemeinverfügungen ihre Geschäfte vorrübergehend einstellen. Andere Firmen mussten zwar nicht schließen, hatten aber teils massive Verluste zu beklagen.

Die zuständigen Behörden vertreten die Ansicht, dass diese sonstigen Unternehmen keine Entschädigung beanspruchen können, weil die genannten Entschädigungsregelungen des Infektionsschutzgesetzes abschließend seien.

 

Juristische Gründe für das Bestehen von Entschädigungsansprüchen

Zwingend ist diese Schlussfolgerung jedoch nicht. Viele Fragen sind in der Rechtsprechung bisher ungeklärt, was nicht zuletzt daran liegt, dass Pandemien wie diese sehr selten auftreten. Es liegt aber aus verschiedenen Gründen nahe, dass auch diesen sonstigen Unternehmen Entschädigungen zustehen.

Zum einen kann mit guten Argumenten vertreten werden, dass die Regelung des § 56 Abs. 1, 4 IfSG aus verfassungsrechtlichen Gründen auch auf diese sonstigen Unternehmen angewandt werden muss. Denn sowohl bei Betriebsschließungen als auch bei Umsatzeinbußen liegt ein staatlicher Eingriff in einen Gewerbebetrieb vor, der wegen der Vorgaben des Art. 14 Grundgesetz ab einem gewissen Maß grundsätzlich entschädigungspflichtig ist. Und dass Unternehmen mit einem konkreten Ansteckungsfall und sonstige Unternehmen bei Entschädigungsansprüchen ungleich behandelt werden, könnte gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 GG verstoßen. Dass die Entschädigungsregelungen des IfSG möglicherweise nicht mit dem Gleichheitsgebot vereinbar sind, hat das BVerfG bereits 1981 in seinem Beschluss vom 29.04.1981, Aktenzeichen 1 BvL 11/78 angedeutet.

Zum anderen könnte auch ein Rückgriff auf Entschädigungsregeln der allgemeinen Polizeigesetze erfolgen. Der Gesetzgeber ist beim Vorgänger des Infektionsschutzgesetzes davon ausgegangen, dass die dort geregelten Entschädigungsansprüche gerade nicht abschließend sind (Bundestagsdrucksache 3/1888, S. 27). Daran hat sich auch nichts geändert, als der Gesetzgeber im Jahr 1979 die Eingriffsbefugnisse der Verwaltung erweitert hat (BT-Drs. 8/2468, S. 27). Auch aus den Gesetzgebungsmaterialien zum nun aktuellen IfSG lässt sich nicht ableiten, dass die Regelung des § 56 IfSG abschließend sein soll. Der Gesetzgeber hat diese nämlich im Wesentlichen unverändert aus dem alten Gesetz übernommen (BT-Drs. 14/2530, S. 87 f.).

Dass diese polizeirechtlichen Entschädigungsregeln anwendbar sind, entspricht auch allgemeinen Entschädigungsgrundsätzen. Demnach sollen nämlich gerade diejenigen eine Entschädigung erhalten, in deren Rechtsgüter eingegriffen wurde, ohne dass sie selbst eine Gefahr begründen (sog. Nichtstörer). Derjenige, der eine Gefahrenquelle begründet (sog. Störer), bleibt bei rechtmäßigen Eingriffen dagegen regelmäßig ohne Entschädigung. Nach der Lesart des § 56 Abs. 1, 4 IfSG wäre diese Logik jedoch gerade umgekehrt.

 

Wie hoch ist der Anspruch auf Entschädigung?

Wie hoch die Entschädigung ausfällt, kommt in hohem Maß auf den konkreten Einzelfall an.

Gem. § 56 Abs. 4 S. 2 IfSG wird in Höhe der weiterlaufenden Betriebsausgaben entschädigt, die während des Ruhens des Betriebs nicht gedeckt werden können. Nach den allgemeinen Grundsätzen wird der Substanzverlust des Unternehmens entschädigt, soweit dieser unzumutbar war.

 

Wie, wo und bis wann muss ich die Entschädigungen beantragen?

Nach § 56 Abs. 11 S. 1 IfSG ist die Entschädigung innerhalb von drei Monaten nach der Schließung des Betriebs oder des Unternehmens bei zuständigen Behörde zu beantragen. Das gilt zwar zunächst nur für die Ansprüche, die auch unmittelbar aus § 56 IfSG abgeleitet werden können.

Allerdings sollten vorsichtshalber auch die sonstigen Ansprüche innerhalb dieser Frist beantragt werden. Soweit diese nämlich im Ergebnis aus § 56 IfSG abgeleitet werden, könnte auch das dort geregelte Fristerfordernis greifen.

Lehnt die Behörde den Entschädigungsanspruch dann ab, können Sie dagegen gerichtlich vorgehen.

Am Beispiel Sachsen gilt deshalb folgendes: Wurde Ihr Unternehmen also am 19.03.2020 wegen der Allgemeinverfügung des Freistaats Sachsen geschlossen, müssen Sie bis zum 18.06.2020 bei der Landesdirektion Sachsen die Entschädigung beantragen. Die Landesdirektion Sachsen stellt dafür unter Antragsformulare zur Verfügung.

 

 

Haben Sie Fragen zu Entschädigungsansprüchen oder ist ihr Antrag auf Entschädigungszahlung abgewiesen worden? Wir beraten Sie gerne! Kontaktieren Sie uns über central@schaffrathlaw.de, telefonisch über +49 351 44753 0 oder erkundigen Sie sich weiter auf unserer Website über uns www.schaffrathlaw.de.

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